Präsentation 4.7.2017 Neuköllnische Brücke
Ein Schlüssel in einem verlassenen und zugeschütteten Eisenbahntunnel im Industriegebiet in Berlin-Neukölln.
Den Schlüssel betrachtend im Urzeigersinn: die Zufahrt zu einer Papierfabrik, die Neuköllnische Allee über den Kanal, eine Zementfabrik, eine Glaserei, die Autobahnbaustelle, ein Post-Verteilerzentrum, eine Weiterbildungseinrichtung, eine Bunkeranlage und schließlich wieder diese verlassenen Gleisanlagen.
Ein Blick in weitere Ferne: die Autobahnbaustelle auch über den nach Süden führenden Gleisstrang erspähen, die Schrotthaufen des Hafens Neuköllns erahnen, die Brücken der Bahn Richtung Schöneweide ausmachen, das Estrell Hotel lokalisieren, die Buchstaben „LEISER“ entdecken. Einen Blick auf die Karte werfen: die verschiedenen Mobilitätskonzepte die hier auf dichtem Raum parallel und sich querend vorliegen: der Kanal als Wasserstrasse, die verschiedenen Gleisanlagen sowohl für den ÖPNV als auch für den Güterverkehr, das Straßennetz inklusive Fahrradwege und die Baustelle der Autobahn.
2009 haben die Graffitis der Gruppe „DIAMONDS“ meine Aufmerksamkeit auf diese verlassenen Gleisanlagen gelenkt.
Zahlreiche Spaziergänge entlang der Gleise, nächtliche Malausflüge oder einfach der Transit mit dem Fahrrad Richtung Adlershof haben mich die Gegend über Jahre beobachten lassen.
Die Umwälzung der Stadtlandschaft durch die Verlängerung der A100, ist dabei die wirkmächtigste Veränderung. Der Industrie- und Verkehrsgürtel, der sich hier um die Stadt legt, wirkt als Barriere zwischen der Innenstadt und den eh schon stigmatisierten Großwohnsiedlungen an der Sonnenallee. Die Autobahn wird diese Segregation weiter zementieren.
Obwohl alte Brachen verschwinden und sich der Raum verdichtet, entstehen neue aufgegebene oder unkontrollierte Räume. Mit den vorliegenden Gleisanlagen bestätigt sich aber auch die Kontinuität, die solchen Orten – vielleicht wegen ihrer physischen Blockiertheit – innewohnen kann.
Die Graffitis haben die Brache zum Spot gemacht. Das Verlangen direkt vor den Graffitis zu stehen, haben Zugänge eröffnet. Die Wege weiter zugehen, hat ein Netz entstehen lassen und neue Ein- und Ausstiege gezeigt. Die Kontinuität der Frequentierung/Beobachtung hat die Veränderung des Raums beobachten können. Der Teil der Stadt ist zu meiner geworden.
Entlang der Gleisanlagen am Wochenende spazieren gehen solange es noch geht. Die Autobahnbaustelle besuchen, ein Artefakt mitnehmen und sich die Zukunft vorstellen. Den Stadtraum psychisch und physisch aneignen. Spätestens zur Brombeerernte wieder hier sein.
