Anfang Mai veranstaltete eine Unterstützer*innengruppe im autonomen Wohn- und Kulturprojekt Köpi ein großes Haus- und Hoffest. Dazu luden sie Künstler*innen ein, eine der letzten noch ungestalteten großen Wandflächen im Innenhof zu bemalen. Vor fast genau vier Jahren entstand auf der Seitenwand des Hauses das Wandbild „Hands off our Homes“, um auf die damals drohende Räumung des Köpi-Wagenplatz aufmerksam zu machen. Diesmal war der Anlass, die Aufmerksamkeit auf die Räume im Haus zu lenken, die nach wie vor für nichtkommerzielle Veranstaltungen genutzt werden können und von vielen verschiedenen Kollektiven bespielt werden.
Eine Veranstaltung mit dem Kollektiv Spacial Tactics sollte vor allem jüngere Gäste anziehen, die die Køpi möglicherweise noch nicht kennen. Die Køpi hatte diesmal für die Wandgestaltung eine FlintA-Gruppe angefragt, die das Wandbild dann konzipiert und umgesetzt hat. Solidarische Verbündete unterstützten das Projekt im Hintergrund.
Während das Wandbild fertiggemalt wurde, startete unter den in Seilen hängenden Künstler*innen im Hof ein Wrestling-Match im eigens aufgebauten Ring. Zum eintägigen Festival gab es Rap-Konzerte, ein Puppentheater und andere Shows. Fast alle Räume der Køpi waren geöffnet.
Das neue Wandbild grenzt an die Bau-Ruine des nie fertiggestellten Altenheims neben der Køpi. Inhaltlich bezieht es sich auf die dystopische Umgebung an der Spree, in der sich die Køpi als einer der wenigen verbliebenen Freiräume befindet. Dargestellt ist der Amazon-Tower an der Warschauer Strasse, der schon in der Ferne von der Køpi gut sichtbar ist. Das Phallussymbol dieses Großkonzerns, der für die Ausbeutung seiner Mitarbeiter*innen berüchtigt ist, zerbricht in der Mitte, er brennt. Daneben sind aufeinander stehende Figuren zu sehen, angelehnt an die Bremer Stadtmusikanten: Eine Taube kackt „ACAB“ auf die Turmspitze, eine Ratte drückt den Turm zur Seite, während ein Stern mit entblößtem Hintern mit einem Hammer auf ihn einschlägt. „Action, Action, Action!“ steht daneben geschrieben, denn die Uhr zeigt „5 vor 12“ und verkündet „Ding Dong Umverteilen!“ Eine Umnutzung der Symbole kapitalistischer Stadtgestaltung wird auch vorgeschlagen: „Tower to the People“.
Die Køpi, die Anfang der 1990er Jahre besetzt wurde, befindet sich nahe dem Spreeufer. Leider auch für Investoren eine sehr attraktive Lage. Die Grundstückspreise und Mieten gehören dort inzwischen zu den teuersten in der Stadt. Ein Großteil der Kulturprojekte in der Gegend wie z.B. Clubs mussten trotz Protesten schliessen. Der Köpi-Wagenplatz wurde 2021 von einem Großaufgebot der Polizei geräumt, das Gelände steht seitdem ungenutzt leer. Versuche der ständig wechselnden Eigentümer auch das Haus räumen zu lassen, konnte bis jetzt jedes Mal durch unterstützende politische Kampagnen und gerichtliche Entscheidungen verhindert werden.
Die Køpi hatte in den letzten Jahren zusätzlich zu den Angriffen von Außen auch mit internen Konflikten zu kämpfen. Über Jahrzehnte ist ein unübersichtliches Geflecht von Kollektiven entstanden, die die verschiedenen Räume jeweils bespielen. Neben der vielen ehrenamtlichen Arbeit ist es eine Herausforderung, die inhaltlichen Interessen der Kollektive sowie einer sehr diversen Bewohner*innenschaft in Einklang zu bringen. Interne Konflikte zwischen dem ehemaligen Wagenplatz und dem Haus sind noch spürbar, weil über den richtigen Umgang mit der Räumung gestritten wurde. Zusätzlich wurden Vorfälle sexualisierter Gewalt im Umfeld des Projekts öffentlich gemacht.
Für selbstverwaltete Räume ist es ein wichtiges Thema, sich mit wechselnden Beteiligten zu organisieren, dem Anspruch eines Freiraums von gesellschaftlichen Machtverhältnissen so gut wie möglich gerecht zu werden, vor allem, wenn mensch sich gleichzeitig öffnen möchte für möglichst viele Menschen.
In Zeiten von Rechtsruck und Krisen zeigt sich, wie wichtig es ist Orte zu haben, in denen andere Gesellschaftsentwürfe ausprobiert werden können. Erst Ende des Jahres 2024 gab es erneut massive Kürzungen von staatlichen Geldern für Kunst- und Kulturprojekte aber auch für Orte, in denen soziale Arbeit geleistet wird. Mit starken rechten Parteien in den Parlamenten sind besonders Initiativen bedroht, die sich öffentlich und explizit antifaschistisch, antirassistisch oder queer positionieren. Umso wichtiger ist es, dass es von staatlichen Geldern unabhängige, selbstverwaltete Räume gibt. Die sich den Spielregeln der Marktwirtschaft verweigern und ein gesellschaftliches Miteinander jenseits von Männerbünden und gewaltvollen patriarchalen Strukturen möglich machen. Daran soll der Spruch auf dem Wandbild erinnern: „Feministische Freiräume erkämpfen“.