Die Volkswriterz aus Mailand verstehen sich ausdrücklich als visuelles Sprachrohr linker autonomer Bewegungen, malen Wandbilder mit politischen Inhalten an die Fassaden der linken Zentren oder auch illegal in den Straßen Italiens. Die Volkswriterz gründeten sich nach den Demonstrationen und Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua 2001. Ohne Genehmigung sperrten sie eine Straße in Rom ab und malten am helllichten Tag ein ca. 150 Meter langes Wandbild mit dem Schriftzug »No Justice No Peace« und einem Porträt des von der Polizei ermordeten Demonstranten Carlo Giuliani. Viele Graffiti-Sprüherinnen hatten sich an den Protesten in Genua beteiligt, waren geschockt von der heftigen Polizeigewalt und nahmen dies zum Anlass, stärker auf politische Themen aufmerksam zu machen, statt ausschließlich ihren Namen zu verbreiten.

Läuft man z. B. durch das Altstadtviertel Ticinese im Zentrum Mailands, stößt man immer wieder auf Wandbilder und Schriftzüge mit politischen Inhalten, einige von ihnen sind von den Volkswriterz und befreundeten Künstlerinnen. An manchen Orten füllen sie ganze Straßenzüge. Mit großen Lettern und Charactern wird so gegen den Bau einer Bahnlinie für einen Hochgeschwindigkeitszug protestiert (»No TAV«), Wohnraum für alle gefordert (»Occupa«) und Nazis deutlich gemacht, dass sie hier nichts zu suchen haben.

Viele der Bilder und Schriftzüge sind dem Antifa-Aktivisten Davide »Dax« Cesare gewidmet, der 2003 von Faschisten ermordet wurde. Der Mord stellte eine Zäsur für die Bewegung in Mailand dar, auch weil Freund*innen, die den Sterbenden ins Krankenhaus begleitet hatten, dort brutal von der Polizei angegriffen worden waren. Wie einige seiner politischen Mitstreiter wohnte Dax im Via-Gola-Viertel, einem traditionell linken Wohngebiet. Anfang der 1970er-Jahre wurden dort erste Häuser besetzt, eine zweite Besetzungswelle folgte ab 1996. Heute sind in den Sozialbauten an der Via Emilio Gola etwa 150 von 400 Wohnungen besetzt. In ihnen leben Menschen und Familien unterschiedlichster sozialer und kultureller Herkunft und aus verschiedenen Subkulturen und politischen Strömungen.

Fotos: Volkswriterz; RYC.